Nach dem Geiger wurde es aller höchste Zeit, mich tätowieren zu lassen. Es sollte das feine Tattoo eines Stacheldrahts am Oberschenkel werden, das wahrscheinlich solche Musiker von meinen Oberschenkeln fernhalten sollte. Hat bis heute wunderbar gewirkt – ich war seither nicht auf einem einzigen philharmonischen Konzert.
Update: War ich doch.
Ich ging in ein Heidelberger Tattoo-Studio – zugegeben, teils mit dem Wunsch, wieder menschliche Berührung zu erfahren. Wegen meinem brandneuen Kurzhaarschnitt fühlte ich mich ziemlich hässlich und mir wurde klar, dass ich mein „Pretty-Privilege“ auf lange Zeit verloren hatte. Das sah der ukrainische Tätowierer im Studio aber anders.
Der Tätowierer aus der Ukraine – Liebe auf den ersten Blick
Unsere Blicke trafen sich und ich freute mich wie Sau, gleich von diesem 1,90 Meter großen, volltätowierten Mann am Oberschenkel berührt zu werden. Der Manager stellte ihn mir vor: „Das ist Mischa. Er spricht nur Englisch und Russisch.“ „Oh, hi, du verstehst mich also?“, zwitscherte ich noch aufgeregter auf meiner Muttersprache. Er war sichtlich verwirrt und es verschlug ihm die Sprache.
Als er freihand auf meinem Körper malte, quatschten wir unbezwungen über unser Leben. Er kam aus Cherkassy – einer Kleinstadt im Großraum Kiew. Unsere Vibes synchronisierten sofort und es funkte zwischen uns wie blöde. Er machte Witze – teils anzüglich, teils nicht – und ich verstand seinen Humor, weil die Mentalitäten unserer beiden Länder sich zu diesem Zeitpunkt noch sehr ähnelten. Es ist einfach schön, Landsleute, oder Leute aus Nachbarländern zu treffen und mit ihnen über das Leben in Deutschland, verschiedene Eindrücke und auch den einen oder anderen Insider zu plaudern.
Er war wirklich ein schöner Mann
Das ganze Tattoo-Studio hatte nur noch Augen für uns. Zwischendurch ging seine Tattoomaschine flöten und er musste improvisieren. Wir hatten alle 3 Stunden meines Aufenthaltes was zum Lachen und der Gesprächsstoff schien nicht zu enden. Ich schaute mir sein schönes Gesicht genau an. Er hatte die liebsten Augen, die ich je gesehen hatte, volles, braunes Haar und einen vollen Bart. Schöne Musikerhände, eine tiefe Stimme und geschmackvolle, bunte Tattoos am ganzen Körper.
Vor lauter Aufregung verlor ich meinen Perlenohrring. Wir tauschten Nummern aus und es folgte am gleichen Abend noch ein Date. Zwei Wochen später waren wir verlobt. Mischa war und ist der Mann, den ein Teil meines Herzen für immer lieben wird.
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